Ubuntu ist ein Wort aus der Bantusprache der Zulu und Xhosa, das die südafrikanische Philosophie der Verbundenheit, des Gemeinwohls und der Zusammenarbeit beschreibt. Ein besonderer Spirit, der laut THENSA-Projektmanagerin Dr. Miemsie de Jager die erste gemeinsame Septemberschool vom Deutschen Hochschulkonsortium für Internationale Kooperationen (DHIK) und dem Technological Higher Education Network South Africa (THENSA) durchweg prägte. Dabei absolvierten die 55 teilnehmenden Studierenden nicht nur spannende Module rund um das Thema Nachhaltigkeit und lernten im Austausch voneinander, sondern durften auch die Vielfalt Südafrikas entdecken.
Septemberschool als Auftakt für aufblühende Partnerschaft
Hintergrund ist, dass das DHIK seit 2025 neben China, Indien und Mexiko nun auch verstärkt Südafrika als Zielland im Fokus hat und eine intensive Kooperation mit THENSA zum Nutzen der Studierenden und Wissenschaftler:innen beider Seiten anstrebt. Dafür wurde Prof. Dr. Siegfried Zürn, Director International Centre and Graduate School der Hochschule Esslingen, zum 1. April 2025 als Gesamtkoordinator Südafrika in den Vorstand des DHIK gewählt.
Zusammen mit Prof. Dr. rer. pol. habil. Dr. h. c. Bernd Zirkler von der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) entwickelte er die Idee einer gemeinsam organisierten Septemberschool zum Thema Sustainability. Hieran sollten nicht nur Studierende von DHIK-Hochschulen teilnehmen, sondern auch Studierende von THENSA-Hochschulen, zu denen neun Hochschulen aus Südafrika und eine assoziierte Hochschule aus Namibia zählen.
Die Cape Peninsula University of Technology (CPUT) bot sich aufgrund ihrer Infrastruktur, der Lage am Kap der guten Hoffnung, den kulturellen und sozialen Angeboten, aber auch im Hinblick auf Sicherheitsaspekte am besten als Veranstaltungsort an.
55 Teilnehmende mit Fokus auf Sustainable Development
Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit war das Ziel, dass Studierende beider Konsortien gemeinsam lernen, ihre unterschiedlichen Situationen, Bedürfnisse und Wahrnehmungen auszutauschen und Wege zu diskutieren, wie sie zu einer nachhaltigeren Welt beitragen können – ökologisch, sozial und wirtschaftlich.
Mit der breiten Aufstellung dieser Thematik auf die Säulen Management und Technik ist es gelungen, aus über 100 Bewerber:innen der vielfältigsten Studienrichtungen 55 Studierenden aus 17 DHIK-Hochschulen (41 Teilnehmende) sowie fünf THENSA-Hochschulen aus Südafrika und Namibia (14 Teilnehmende) die Möglichkeit der Teilnahme an dieser ersten DHIK/THENSA-Septemberschool zu geben.
Besonderer Dank gilt hierbei der Firma Festo, die mit einer Spende zu ihrem 100-jährigen Firmenjubiläum die südafrikanische Delegation unterstützt hat, während DHIK-Studierende teilweise durch ERASMUS+ oder PROMOS-Programme finanzielle Hilfen erfuhren. Zudem ermöglichte Horst Weinert, Head of Festo Didactic in Southern/Eastern Africa auch eine spontane Firmenbesichtigung bei SARETEC (South African Renewable Energy Technology Centers) vor Ort.
Um bis zu 6 ECTS für die Teilnahme an der Septemberschool zu erhalten, belegten die Studierenden zwei der vier angebotenen Module:
Prof. Dr. habil. Dr. h.c. Bernd Zirkler und Melanie Weber, M.A. haben zwei aufeinander abgestimmte Module im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement angeboten: „Sustainability-oriented Management Control“ und „Sustainability-oriented Management Accounting“. Diese Module boten den Studierenden eine umfassende Einführung in die Grundlagen des Nachhaltigkeitscontrollings und der nachhaltigkeitsorientierten Unternehmensrechnung. Die Unterrichtseinheiten im Fach Sustainability-oriented Management Control fokussierten sich auf Ansätze zur nachhaltigkeitsorientierten Unternehmenssteuerung, Instrumente zur Messung der qualitativen und quantitativen Nachhaltigkeitsperformance sowie die Integration sozialer und ökologischer Aspekte in wirtschaftliche Werttreibersysteme. Im Modul Sustainability-oriented Management Accounting lag der Schwerpunkt auf der Rolle der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Kosten- und Ergebnissteuerung sowie deren Integration in strategische Planungs- und Analysemethoden.
Durch eine strukturierte virtuelle Vor- und Nachbereitungsphase konnten die Studierenden optimal auf den intensiven Präsenzunterricht vorbereitet werden. Während der Vorbereitungsphase lasen die Studierenden Essays zu den Modulen und nahmen an Online-Lehrveranstaltungen teil, um grundlegendes Wissen zu erlangen. Die Vorlesungen in Südafrika wurden durch praxisbezogene Anwendungsbeispiele im Fach Management Control und durch rechnerische Fallstudien im Bereich Management Accounting vertieft. Die Nachbereitungsphase ermöglichte es den Teilnehmenden, das erlernte Wissen zu reflektieren und endete erfolgreich mit einer schriftlichen Online-Prüfung.
Diese strukturierte und praxisorientierte Herangehensweise bot den Studierenden nicht nur fundierte theoretische Grundlagen, sondern auch wertvolle praktische Einblicke in die Anwendung nachhaltigkeitsorientierter Konzepte in der Unternehmenssteuerung.
Im Modul „Sustainable Mobility“ von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Haag haben sich 35 Studierende mit mehreren Aspekten der nachhaltigen Mobilität auseinandergesetzt. Besonders der Austausch der verschiedenen Sichtweisen und der Ansätze auf bzw. in Richtung nachhaltiger Mobilität waren für alle Teilnehmenden besonders wertvoll.
Die Studierenden mussten zur Vorbereitung eine Präsentation erstellen, in der die persönliche Sicht auf nachhaltige Mobilität erarbeitet werden soll und wie aus ihrer Sicht die Mobilität im Jahre 2040 aussehen könnte. Dazu sollte ein Vergleich der Mobilität in Deutschland und Südafrika erarbeitet werden. Einige Präsentationen wurden am ersten Tag vorgestellt. Für die Studierenden ergab dies bereits einen wertvollen Einblick in die Sichtweise und die Probleme des jeweils anderen Landes, insbesondere durch die anregenden Diskussionen im Anschluss an die Präsentationen.
Im Folgenden wurde auf den Widerspruch zwischen dem Grundrecht auf Mobilität einerseits und dem bisherigen Nichtvorhandensein von nachhaltigen Verkehrsträgern andererseits eingegangen. Es wurde ein gemeinsames Verständnis dahingehend entwickelt, dass nachhaltige Mobilität zwar künftig prinzipiell möglich sein kann, dies aber nur Schritt für Schritt erreichbar sein wird – mit unterschiedlichen Randbedingungen, Ansätzen und Geschwindigkeiten für beide Länder.
In Vorlesungen, Gruppenübungen und Präsentationen wurden in der ersten Woche auch noch die Themen Energieerzeugung und Energiebedarfe in beiden Ländern erarbeitet und diskutiert. Dabei wurden auch Großprojekte zur nachhaltigen Energieerzeugung und Verteilung, wie das HyPhen-Projekt in Namibia, das Marokko-UK-Projekt sowie das Cahora Bassa Projekt (Mosambik-Südafrika) beleuchtet und hinsichtlich Nachhaltigkeit und Aufwand verglichen.
In der zweiten Woche standen dann die Ansätze in Richtung Nachhaltigkeit bei den verschiedenen Verkehrsmitteln im Mittelpunkt. Neben der Elektrifizierung von Autos, LKWs, Zügen und Schiffen wurden auch die Themen Wasserstoff und E-Fuels kritisch diskutiert. Insbesondere der von den Studierenden errechnete gewaltige Bedarf an elektrischer Energie zur Erzeugung von E-Fuels, aber auch von Wasserstoff, war für alle
äußerst einprägsam.
Auf Initiative der Studierenden wurden die theoretischen Betrachtungen durch zwei spontan organisierte Exkursionen angereichert. Ein nachhaltiger Ausflug auf den Tafelberg (Hochlaufen mit Muskelkraft und Strom erzeugen beim Herunterfahren mit der Seilbahn) und die Besichtigung des South African Renewable Energy Technology Centers (SARETEC) förderten den Austausch zwischen den Studierenden sowie das Verständnis für die praktischen Belange (wie z.B. die Wartung von Windkraft-Anlagen).
„Wir haben keinen Planet B – also brauchen wir einen Plan B.“ Unter diesem Motto setzten sich die Studierenden im Modul „Sustainability Gamification ‚Sustain2030 – Plan B‘ “ von Prof. Dr. Siegfried Zürn mit den globalen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen auseinander. Herzstück war ein Planspiel, das ein internationales Sustainability Panel simulierte: Die Teilnehmenden
bildeten Länder-Allianzen mit vergleichbaren Ausgangslagen und diskutierten auf Basis der UN-Studien Earth4All mögliche Handlungsoptionen.
Besonders spannend war der Perspektivwechsel zwischen Südafrika und Europa: Unterschiedliche Notwendigkeiten und Sichtweisen wurden greifbar und führten zu intensiven Debatten. Am Ende entstanden zwar viele kreative Lösungsansätze, zugleich wurde jedoch deutlich, wie schwierig es ist, in komplexen Situationen eindeutige „richtige“ Entscheidungen zu treffen, andere zu überzeugen und Kompromisse auszuhandeln.
Eine Vorher-Nachher-Umfrage belegte, dass die Studierenden ihr Verständnis für die Zusammenhänge der SDGs deutlich vertiefen konnten und ein stärkeres Gespür für alternative Sichtweisen entwickelten. Einhelliger Tenor: Dieses Planspiel sollte auch in Zukunft – gerade in internationalen Teams – als festes Modul der Septemberschool – aber auch an Hochschulen – angeboten werden.
Südafrikas Vielfalt voll erleben
Neben dem anspruchsvollen akademischen Programm – mit drei Vorlesungsmodulen und einer interaktiven Simulation eines globalen Nachhaltigkeits-Panels –, das im Rahmen einer virtuellen Phase bereits vor dem Aufenthalt in Kapstadt begonnen hatte und mit Klausuren und Berichten im Nachgang beendet wurde, war es den Organisator:innen auch ein Anliegen, den Studierenden den vielfältigen Reichtum Südafrikas näher zu bringen.
„Bei der Septemberschool konnte ich sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht wertvolle Erfahrungen sammeln. Einerseits habe ich gelernt, Mobilität und Nachhaltigkeit in einem ganzheitlichen Ansatz zu betrachten, andererseits hat es mir einen umfassenderen Blick auf die Zusammenhänge ermöglicht. Besonders positiv werden mir der Austausch unter den Teilnehmenden und die Vielzahl an Aktivitäten in Erinnerung bleiben.“
Marco Gertz, DHIK-Student (Hochschule Esslingen)
Bei einer Whale Watching Tour vor Hermanus konnten einige das erste Mal Wale in freier Wildbahn sehen. Ein weiteres Highlight war natürlich der Tafelberg – sei es, dass man ihn vom Strand aus beim Sonnenuntergang bewunderte, zu Fuß erklomm oder von der Seilbahn aus die Aussicht genoss. Auch der nationale Funky Socks Day (12.09.), an dem mit lustigen Socken die Unterstützung für Charities bekundet wird, wurde gemeinsam gefeiert.
Aber auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt. Bereits zum Welcoming-Event stieß die Gruppe bei einem hervorragenden Braai, der südafrikanischen Version eines Barbeques, auf zwei erfolgreiche Wochen mit Springbokkie an und bewunderte am Lagerfeuer die Mondfinsternis. Am Wochenende ging es mit der Franschhoek Wine Tasting Tram auf das Weingut Lynx, wo die Teilnehmenden den Sonnenuntergang bei einem Harvest Tabel genießen konnten.
Ein besonderes Event war der International Lunch, zu dem die Studierenden aus Südafrika viele Köstlichkeiten ihres Landes zusammentrugen und empfahlen, Koe’sister zu probieren, ein traditionelles Kap-Malaiisches Gebäck.
An den Abenden konnten sich die Studierenden auf der Longstreet, der Lebensader von Kapstadt, oder an der Victoria & Alfred Waterfront unter die Locals mischen, was dank des großen Aufkommens an Ubern und der starken Kaufkraft des Euros erschwinglich und sicher war.
„Ich durfte Erfahrungen sammeln, die ich so schnell nicht vergessen werde und kann von Kapstadt nur schwärmen.“
DHIK-Studentin
Auf den Spuren Nelson Mandelas
Nelson Mandela war der wichtigste Wegbereiter des versöhnlichen Übergangs von der Apartheid zu einem gleichheitsorientierten, demokratischen Staat. Daher durften einige seiner Stationen bei der Septemberschool in Südafrika nicht fehlen. Beim Besuch auf Robben Island berichteten ehemalige Gefängnisinsassen von ihrem eigenen Kampf für Freiheit und Menschenrechte und den Bedingungen, denen sie als politische Gefangen ausgesetzt waren, was alle tief bedrückte. Voller Stolz hingegen machte man einen kurzen Fotostop an der Nelson-Mandela-Gedenkstatue vor dem Drakenstein Correctional Centre, aus dem Mandela 1990 entlassen wurde.
Nach der Septemberschool ist vor der Septemberschool
Aufgrund des großen Erfolges werden wir das Momentum nutzen und auch im Jahr 2026 eine Septemberschool in Kapstadt an der CPUT durchführen. Durch den neu entstandenen Kontakt mit FESTO Südafrika werden zudem einige Firmenbesuche auf dem Programm stehen, um den Kontakt mit der ansässigen Industrie herzustellen und idealerweise Praxissemester anzubahnen. Voraussichtlich ab 01. Dezember 2025 sind Bewerbungen für die kommende Septemberschool möglich. Weitere Informationen unter: www.hs-esslingen.de\gotosouthafrica
„I want to personally express my heartfelt gratitude
for the incredible opportunity you provided me.
This experience has been one of the most
meaningful and transformative of my life.”
THENSA-Student
Noch mehr Eindrücke von der Septemberschool 2025 gibt es unter: www.hs-esslingen.de/internationales/wege-ins-ausland/freemover-und-kurzaufenthalte/septemberschool-2025-in-south-africa und auf dem YouTube-Kanal der DHIK Geschäftsstelle.
Autor: Prof. Dr. Siegfried Zürn
Director International Centre and Graduate School an der Hochschule Esslingen
Vorstandsmitglied und Gesamtkoordinator Südafrika des Deutschen Hochschulkonsortiums für Internationale Kooperationen (DHIK)
Bilder Copyright: THENSA und DHIK



















